Pater Sepp Wasensteiner SAC, ist seit 1991 in Brasilen als Missionar, als Priester tätig. Dort wird er Pater José genannt. Seine eigene Berufung hatte er schon hier vorgestellt. Da hier in Deutschland viele über den Priestermangel klagen, bat ich ihn einen Bericht für meinen Blog über seine Erfahrungen dort zu verfassen - auch in Hinblick, wie es in Deutschland aussieht und gelingen könnte.
Hier sein Bericht. unterbrochen von Fotos, die er mir auch gesendet hat:
Die Pfarrei São Raimundo ist etwa 1300 km² groß, hat einen Bereich “Stadt” mit fünf Stadtteilen, in dem etwa die Hälfte der Pfarreimitglieder leben, ca. 15.000. Die andere Hälfte der Bevölkerung wohnt auf dem Land, in vielen verschiedenen Dörfern und kleinen Ansiedelungen, 78 davon sind in kirchlichen Basisgemeinden organisiert, das heißt, mit der Pfarrei verbunden, Dort feiern sie sonntägliche Wortgottesdienste, findet Kinderkatechese für Erstkommunion statt, existieren Gruppen, die die Tauf- und Ehevorbereitung machen, Familienpastoral, Rosenkranzgebet, auch der sogenannte “Männerrosenkranz”, Liturgiegruppen und Gemeindeversammlungen. Elf Kapellen haben bereits einen Tabernakel (aus Holz!) mit Christus in der Eucharistie gegenwärtig, und ausgebildete Kommunionhelfer, die in den Wortgottesdiensten die Kommunion austeilen und die Krankenbesuche machen. Es sind Gemeinden im Landesinneren, in denen reges kirchliches Leben geschieht, auch wenn nur einmal im Jahr eine Messfeier stattfindet. Bei so vielen Kapellen und Kirchen wäre ein Priester total überfordert, wenn er öfters die Eucharistie feiern wollte. Auch die katastrophalen Straßenverhältnisse tragen ihr Übriges dazu bei…
Meine Hauptaufgabe als Gemeindepriester, außer der Sorge für die Einheit in der Gemeinde zu sorgen, sehe ich in der Aus- und Weiterbildung unserer Laien, sie für den Dienst an Gott in der Gemeinde zu begeistern und sie für ihre Aufgabe zu schulen. Wir haben regelmäßige Fortbildungstreffen in den Sektoren im Landesinneren und in der Stadt. Ganzheitliche Ausbildung, im Sinn von biblisch liturgisch, menschlich human, politisch wirtschaftlich sozial.
Neben oben genannten Gruppen und pastoralen Tätigkeiten funktionieren auch die Dizimopastoral, die Kinderpastoral, die Jugend ist sehr lebendig, über 80 Straßengruppen, die wöchentlich in ihren Gruppen das Evangelium reflektieren und Fürbitten machen, Frauenbund, Stadtteilgruppen, über zehn begeisterte Musikgruppen, Ministranten ohne Ende…….und und und….. Wir haben eine große Vielfalt von Gruppen, Pastorais und Bewegungen, die im Sonntagsgottesdienst zur Einheit zusammenfinden.
Ich habe Sepp gefragt, was unter Dizimopastoral zu verstehen ist. Seine Antwort:
"Dizimopastoral: Wir haben ja keine Pflichtkirchensteuer, und die Pfarrei braucht ja Einnahmen.
Dizimo heißt Zehntabgabe und ist biblisch. Du wirst viele Bibelstellen dazu finden. Es ist die Pastoralarbeit, die Aufklärungsarbeit betreibt, damit die Leute verantwortungsbewusst freiwillig regelmässig eine Abgabe, ob in Form von Geld oder Naturalien an die Pfarrei geben. Pfarrei ist ja kein Supermarkt, wo man nur "nimmt", sondern sich wie in einer Familie sorgt, damit es allen gut geht. Drei Hauptdimensionen hat dann der Dizimo: Investionen in Kirche und Liturgie (Reformen, Strom und Lichtrechnungen etc.), Caritas (Hilfe für Arme), und missionarische Tätigkeiten der Pfarrei (Fortbildungstreffen, Schulungen etc)."
Man muss an die Laien glauben, sie befähigen, ihnen Verantwortung übertragen, sie “unabhängig” machen. Nicht der Priester ist Herr der Pfarrei und die Laien sind nicht seine Handlanger. Der Herr der Pfarrei ist Jesus Christus, und wir alle sind seine Mitarbeiter in den verschiedensten Ministerien und Aufgaben, um gemeinsam das Reich Gottes aufzubauen. Wir stehen alle sozusagen “auf der gleichen Seite”. Anstatt zu herrschen, sind wir demütige Diener der Wahrheit!
Bei den großen Herausforderungen von Armut, Gewalt, Ungleichheit, Hunger, Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit, ist die Kirche hier der einzige Hoffnungsträger in dieser trostlosen Situation. Gegen Angst, Individualismus, Gewalt, Drogen und die Scheinwelt von Macht- und Besitzgier setzen wir die Werte von Vertrauen, Gemeinschaft und friedvollem Miteinander, wo keiner mehr und keiner weniger ist, sondern alle in ihrer Würde respektiert und geachtet werden. Und die Menschen kommen gerne, erleben die Kirche als ihren Lebensraum, nicht das Gebäude, sondern die Kirche, die aus lebendigen Steinen erbaut ist. Wir sind eine lebendige Kirche, vor allem die Jugend und junge Leute sind die breite Base unseres Kirchenvolkes.
Nachdem Sepp in einem sehr armen Teil von Brasilen ist, im Nord-Osten im Gegensatz zu dieser großen Kirche jetzt eine andere:
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